Die sogenannte ClearView App ist derzeit in vieler Munde. Vom Ende der Anonymität aufgrund exzessiver Gesichtserkennung – sowohl online als auch offline – wird dabei berichtet, unter anderem durch den aufdeckenden Bericht der New York Times vom 18. Januar 2020. Hinter der benannten App steckt das Unternehmen Clearview AI, ein US-amerikanisches Startup, das Behörden dabei helfen will, Straftäter/innen schneller bzw. überhaupt zu finden. Dafür werden auch Profilbilder von Facebook und Twitter sowie auf YouTube und andernorts gezeigte Gesichter in einer Datenbank gespeichert, analysiert und bei Übereinstimmung mit gesuchten Personen gemeldet.
Die New York Times hat über die ClearView App respektive über das Unternehmen Clearview AI berichtet – und damit die Gefahren der KI-getriebenen Gesichtserkennung klar gemacht. Hier die Infos und Tipps fürs „Anti-Gesicht“.
ClearView App: Das Ende der Anonymität wie wir sie kennen?
„The Secretive Company That Might End Privacy as We Know It“, titelte die New York Times am 18. Januar 2020 und meinte damit Clearview AI sowie die damit einhergehende App. Das „AI“ steht dabei für Artificial Intelligence, also Künstliche Intelligenz. Diese kommt zum Einsatz, um massenhaft aus sozialen Netzwerken sowie anderen Quellen heruntergeladene Fotos in einer Datenbank zu speichern und die Gesichter darauf zu analysieren. Durch Abgleiche mit Aufnahmen von Fahndungsbildern und Überwachungskameras können den Personen auf der Straße, in Gebäuden und anderswo in Echtzeit ihre persönlichen Daten von Facebook, Twitter und Co. zugeordnet werden. Das soll Behörden bei der Suche nach Straftäter/innen helfen.
Mehr als 3 Milliarden Fotos für 600+ Behörden und Unternehmen
Laut den aufgezeigten journalistischen Untersuchungen und auch der wiederholten Darstellung in deutschen Medien sowie in der Wikipedia sollen mehr als 600 Behörden und private Unternehmen (Bankwesen, Gastronomie, etc.) von den Daten profitieren. Dabei wird mit Verweis auf das „PitchBook“ von Clearview AI darauf hingewiesen, dass die Algorithmen des Unternehmens beaufsichtigt werden sollen, um ethisch und vorurteilslos zu arbeiten. Außerdem soll die Menschlichkeit gewährleistet werden. Ob das wirklich passiert, steht auf einem anderen Blatt. Laut NYT und anschließend auch der Süddeutschen sowie weiteren Medien heißt es, dass Clearview bereits mehr als drei Milliarden Fotos menschlicher Gesichter in der Datenbank hätte.
Clearview, Clear View und weitere Apps mit diesem Namen
„Clear View“ ist Englisch und bedeutet „Klarer Blick“ – ein kein zu eindeutiger Name, weswegen er auch für unterschiedlichste Dinge verwendet werden kann sowie bereits verwendet wird. Weder habe ich die hier beschriebene ClearView App im Apple App Store für iOS noch im Google Play Store für Android gefunden – dafür aber viele gleichnamige Apps, die einen „klaren Blick“ auf Dokumente (eBook-Reader) Geldgeschäfte (Banking-Apps) und mehr bieten sollen. Selbst für macOS auf dem Mac gibt es Apps mit dem Namen, beispielsweise Reader für eBooks, PDFs, digitale Comics und so weiter. Es lohnt sich also, immer die App-Beschreibung zu lesen, um ganz sicher zu gehen ;)
Die Clearview-Firma sowie die Diskussionen um sie herum haben einen (vergleichsweise kleinen) Vorteil: Leute denken über ihre Anonymität im Internet sowie in allen anderen Bereichen nach. Hilfreich können dabei auch die Veröffentlichungen des Chaos Computer Club (CCC) sein, der unter anderem darauf hinweist, dass die Gesichtserkennung zur Identifikation von Menschen im öffentlichen Raum alles andere als fehlerfrei ist und Personen daher fälschlicher Weise verdächtigt werden können (Beispiel „Südkreuz-Debakel“).
Auf aktuellen Hacker-Konferenzen, unter anderem der 36C3 in 2019, gab und gibt es zudem Schminkkurse, bei denen man lernt, mit welchem Make-Up und mit welchen Frisuren man ein „Anti-Gesicht“ erzeugt, um gesichtserkennende Algorithmen in die Irre zu führen. Neben asymmetrischer Schminke und ins Gesicht ragender Haare sollen aber auch bunte Brillengestelle helfen, meldete 2016 heise online. Kurzum: Wer nicht erkannt und digital verwertet werden möchte, sollte sein Gesicht so aussehen lassen als wäre es keins. Beispielbilder für noch mehr Inspiration gibt es u. a. bei Web Urbanist.
Jens betreibt das Blog seit 2012. Er tritt für seine Leser als Sir Apfelot auf und hilft ihnen bei Problemen technischer Natur. Er fährt in seiner Freizeit elektrische Einräder, fotografiert (natürlich am liebsten mit dem iPhone), klettert in den hessischen Bergen rum oder wandert mit der Familie. Seine Artikel beschäftigen sich mit Apple Produkten, Neuigkeiten aus der Welt der Drohnen oder mit Lösungen für aktuelle Bugs.